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AutorenbildTheresia Reingruber

Paulisch, mein Heimatort

Paulisch liegt am rechten Maroschufer am Fuße des „Gal-Berges“ etwa 25 km entfernt von Arad und 7 km von Lipova/Radna.

Der Ortsname stammt, nach Ansicht des Historikers Marki Sandor, von der Bezeichnung Palülese (deutsch: Pauls-Sitz). Nach den neuesten Erkenntnissen wurde Paulisch 1217 zum ersten Mal erwähnt, dokumentarisch jedoch erst 1332-1337 festgehalten.

Die große Ansiedlung der Deutschen fand zwischen 1760 und 1785 mit Siedlern aus Bayern, Böhmen, Elsass-Lothringen und Österreich statt.

Durch seine Teilung in Alt-und Neupaulisch gab es in Paulisch dementsprechend auch zwei Schulen, bzw. zwei Kirchen und zwei Friedhöfe. Gelehrt wurde in deutscher, zeitweise ungarischer und zusätzlich in rumänischer Sprache.

Die Altpaulischer katholische Kirche wurde 1878 fertiggestellt und am 29. Juni an Peter und Paul eingeweiht. Der Bau der Neupaulischer Kirche wurde 1879 begonnen und mit freiwilligem Arbeitseinsatz der Dorfbewohner bereits 1880 fertiggestellt. Diese wurde dann am 11. November, an Martini geweiht. Die Hl. Messe wurde immer von einem Pfarrer der Gyoroker Gemeinde in deutsch und ungarisch zelebriert.

Die Alt- und Neupaulischer lebten in einer Dorfgemeinschaft, in der bestimmte Sitten und Bräuche herrschten und der Gemeinschaftssinn besonders in schweren Zeiten etwas Selbstverständliches war.

Das Leben der Paulischer sowie das aller Banater Schwaben war früher durch tiefen Gottesglauben gekennzeichnet und demzufolge waren unser Brauchtum, unsere Sitten und die damit verbundenen Feste von der Kirche beeinflusst. Das beliebteste Fest, an das die schönsten Erinnerungen geknüpft wurden, war das Kirchweihfest.

Da wir in Paulisch zwei Kirchen haben, wurden demzufolge zwei Kirchweihfeste gefeiert: In Altpaulisch am 29. Juni, zu Peter und Paul und in Neupaulisch zu Martini (Sankt Martin) am 11.November. Kirchweih mit Kirchweihpuwe/ Puschepuwe und Kirchweihmadle/Pusche- madle wurde jedoch zu Martini gefeiert. Und das hatte seine Gründe. Erstens: Die Paulischer hatten erst im Spätherbst, nach vollbrachter Arbeit, richtig Zeit zum Feiern und zweitens: Der Wein war erst dann so richtig gegoren und für jedermann genießbar. Bei diesem Fest beteiligten sich sowohl die Alt- als auch die Neupaulischer Jugend.

In Paulisch gab es keine Vorkirchweih, keinen Kirchweihbaum, kein erster- und zweiter Geldherr sondern nur Vor- und Nachtänzer sowie die Kirchweihpaare.

Ungefähr zwei bis drei Wochen vor Martini wählten die Jungen ihre Mädchen aus und baten um ihr Einverständnis, aber auch das ihrer Eltern, bei der Kirchweih als Paar mitzuwirken. Sobald die Paare festgelegt waren, begannen die Vorbereitungen. Man kümmerte sich um die Kleidung (Kidla) und den Hutschmuck. Die Mädchen trugen drei gestärkte Unterklidla, (der oberste, der vierte, wurde in Falten gelegt). Der fünfte war der Molkidl. Die bunten Oberröcke wurden in Guttenbrunn gemalt, die Rosen für die Hüte in Blumenthal angefertigt. Die Mädchen trugen kleine Rosmareinsträuße, befestigt in einem Apfel und geschmückt mit bunten Schleifen. Ebenso trugen sie weiße Kniestrümpfe (Dreiviertelsocken) und gewöhnlich weiße Schuhe.

Die Mädchen trugen zu Kirchweih vier Trachten: Eine für die Kirche, eine für Kirchweinachmittag, eine für Kirchweihabend und eine für Nachkirchweih.

Donnerstag vor dem Kirchweihfest trugen die Jungen ihre Hüte zu ihrem Paar zum Schmücken. Es wurden Rosen und bedruckte Bänder daran befestigt. Am Sonntag morgen wurden die Hüte dann abgeholt.

Da Paulisch ab der 40-ger Jahre keine eigene Musikkapelle hatte, wurden Musikanten aus anderen Ortschaften eingeladen: Glogowatz, Neupanat, Neuarad. Die Musikanten waren immer bei den Familien der Buschebuwe zum Essen eingeladen, da die Buschemadle mit dem vielen Umziehen beschäftigt waren.

Das Kirchweihfest begann am Sonntag, nicht wie in anderen Banater Dörfern schon am Samstag, (weil es in Paulisch keinen Kirchweihbaum gab).

Der Kirchweihspruch lautete: Buwe, was hem mr heint? Kirweih!

Am Kirchweihsonntag versammelten sich die Mädchen bei der Vortänzerin, die Jungen kamen zusammen mit den Musikanten, um diese abzuholen, anschließend marschierte man in die Kirche. Nach der Hl. Messe marschierte man wieder zu der Vortänzerin, tanzte drei Tänze und ging zum Mittagessen.

Nach dem Mittagessen gingen die Jungen mit jeweils einem Musikant durch die Gassen und boten für eine Spende Wein an.

Am Nachmittag versammelte man sich bei der Nachtänzerin und marschierte zum Kirchweihplatz. Nach den drei Tänzen für die Kirchweihpaare wurde dann Tanz für alle angesagt. Typisch für Paulisch war der Bock (Schafbock), gehalten von zwei kleinen Jungen, die den ganzen Kirchweihzug anführten. Der Schafbock wurde während dem Tanz versteigert (verletzitiert). Dazu standen der Versteigerer und der Bock auf einem Fass. Beide unterhielten die Zuschauer und waren bis zum Schluss gut gelaunt, denn der Bock musste mit dem Versteigerer mittrinken.

Am Abend wurde der Bock mit allen Kirchweihpaaren und den Musikanten zum Gewinner gebracht. Hier wurde man von der Hausfrau bewirtet. Der Gewinner musste zu Nachkirchweih für alle Kirchweihpaare ein Festessen spendieren.

Nach dem Abendessen marschierten die Kirchweihpaare in den Tanzsaal (Wirtshaus). Hier wurde der Strauß versteigert und fleißig getanzt. Am Morgen wurde der frisch versteigerte Strauß zu der Straußgewinnerin gebracht, die dann zu Nachkirchweih die Vortänzerin war.

Zu Nachkirchweih versammelte man sich um zwei Uhr bei der Vortänzerin und marschierte wieder zum Kirchweihplatz. Am Abend wurde die Unterhaltung im Wirtshaus bis nächsten Morgen fortgesetzt.


Spezifische Beschäftigung der Paulischer

Die wichtigste, und für Paulisch typische Beschäftigung war der Weinbau. Nach dem 2. Februar zu Maria Lichtmess begann das „Wildi Reben“ schneiden und danach das Pelzen also die Weinrebenveredelung. „Die Pelzer“ wurden in Kisten mit Hobelspäne (Souchmehl) geschlichtet, reichlich mit Wasser begossen und dann drei wochenlang in Räumen bei 30 Grad „gehitzt“, das so genannte „Pelzer hitzten“ . Danach wurden die mit Triebe und Wurzel versehene Pelzer verschult. Die verschulten Pelzer wurden nach gewisser Zeit abgewurzelt und gegossen - „Pelzer giesa“. Im Herbst wurden die Pelzer ausgegraben, ausgelesen und danach in Sand eingegraben - „eingeschlagen“. Die schönsten Pelzer, die 1. Klasse bekam der Staat, die Pelzer 2. Klasse wurden von privat verkauft. Bei Bedarf wurden die getriebenen Pelzer am Berg (Privatweingarten) aber auch in den Gärten angepflanzt. Nach dem Bepflanzen folgten Arbeiten wie: Raaf binden, ausgeizen, gegen Mehltau/Pernespora spritzen, zwischendurch auch hacken, (Arbeiten, die sehr kraftaufwendig waren). Die Weinlese begann Ende September, Anfang Oktober. Die Trauben wurden in Putten gesammelt, die Puttenträger brachten sie dann in Stellfässer. Diese wiederum wurden nach Hause gefahren, wo auch gleich der Most gemacht wurde. Im Oktober, nachdem der Wein genießbar war, wurde immer „Traubenball“ gefeiert. In der Podgoria, so die Bezeichnung des Weingebietes um Paulisch, wurden vorwiegend Rotweine gewonnen wie: Kadarka, Merlot, Burgund, Cabernet Sauvignon. Zu den wenigen Weißweine gehörten: Riesling, Muskat-Ottonel, Mädchentraube.

Die Paulischer waren und sind es heute noch heimat- und traditionsverbundene Menschen.

Ein jeder Paulischer hat Erinnerungen und Bilder im Herzen, die er in Gedanken und Gefühlen mit sich trägt. Wichtig jedoch ist, dass man glückliche Zeiten nicht vergisst und auch nicht die Menschen mit denen man sie geteilt hat. Das sind Momente, die uns stark machen und die uns keiner nehmen kann.



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