Zu Besuch bei Walli, dem Einsiedler - Gai-Episode 4
Die Gai-Videos von Hans Rothgerber, in denen die aus Billed stammenden “Schwowa” Sepp und Walli in ihrer “Mottersproch” über eine neuartige Lebensphilosophie "dischkutiere", wurden inzwischen schon von Zehntausenden Fans angesehen.
Im Vorspann der in den letzten 8 Jahren entstandenen 3 Gai-Episoden wird folgendermaßen erklärt, was es mit dem Protagonisten Wally auf sich hat:
“Eine Generation nach dem Exodus der Billeder Deutschen zieht es einen Landsmann aus Augsburg wieder ins Banat. Aber weder in sein Elternhaus, mit dem hohen stolzen Barockgiebel, noch auf die fruchtbaren Felder seiner Vorfahren,….sondern als Einsiedler an einen abgelegenen Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Hier erfindet Walli für sich vieles neu. Vom Ofenbau mit Römerzement bis zur Gärtnerei, der Rentner schwört auf seine bescheidene und naturnahe Lebensweise.”
Ich sah mir die Gai-Videos schon an, noch bevor ich Hans Rothgerber kennenlernte. Mich faszinierte Wallis Lebensphilosophie, ich lauschte dem originellen “schwowischen” Dialekt, der mit vielen rumänischen Lehnwörtern gespickt ist und hätte damals nicht gedacht, dass ich den Einsiedler mal treffen würde. Heuer durfte ich mit Hans und Sepp erstmals mit nach Gai, den abgelegenen kleinen Ort an der serbischen Grenze südwestlich von Temeswar, zu dem nur ein Schotterweg führt.
Walli, der Einsiedler, war mir auf Anhieb sympathisch. Wie eine Mischung aus Meister Eder aus dem Film Pumuckl und Petterson aus dem beliebten Kinderbuch “Pettersson und Findus” fühlte ich mich sofort wohl in seiner Gegenwart und in seinem Garten.
Kaum hatten wir unter seinem “Nussepoum” Platz genommen, konfrontierte uns Walli überraschend mit einem Zitat, das es in sich hat: ”Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.”
Anhand dieses sehr tiefgründigen Spruches setzte er mir während eines Spaziergangs durch seinen Garten seine Philosophie auseinander. Ich lauschte und staunte und da der Mensch sich gerne vergleicht, dachte ich auch immer wieder an meinen eigenen Garten in Paulisch.
Hans filmte dezent mit seinem Gimbal und es entstand ein Film, der ganz klar in der Tradition der drei vorherigen Gai-Videos steht.
Was alle seine Videos kennzeichnet ist die besondere Kameraführung. Aus der Sicht dessen, der gefilmt wird, merkt man gar nicht, dass man vor einer Kamera steht, denn er spazierst mit der kleinen Kamera einfach mit, betrachtet Dinge genauer indem er in die Knie geht oder um sie herum. Ich würde seine Kamera als einfühlsam, fast staunend, bezeichnen. Alles wird genau ins Visir genommen. So entsteht für die Zuschauer der Eindruck, als wären sie unmittelbar dabei.
Dabei ist es nicht nur die Kamera, sondern auch der Mensch dahinter, der dezent präsent ist. Vor dem man unbefangen sein kann. Nicht zufällig spricht Walli auch zu ihm.
Der Hauptdarsteller hat seine Überzeugung bezüglich des ökologischen Gartenbaus weiter gepflegt, erscheint philosophisch gereift und menschlich geläutert.
Statt Bier, Schnaps und Grillfleisch, wie in den Vorgänger-Videos, erhält die Novizin aus der Großstadt geistige Nahrung und lernt noch einiges dazu. “Wannscht du a Haus hascht, kannscht viel lerne vun mir” sagt der Einsiedler und legt los mit seinem ökologischen Credo. In seinem Garten wird nicht mehr gepflügt, nicht einmal mehr gehackt, Insekten sollen auch leben, Gräser dürfen sich selbst aussäen, Wicken liefern natürlichen Dünger, Gras speichert sehr viel CO2 und alte Nüsse dienen noch als Brennmaterial. Ich nutze auch prompt die Gelegenheit um zu fragen, wie man eigentlich zu rumänisch răsaduri auf “schwowisch” sagt.
Denn im neuen Gai-Video geht es viersprachig zu. Ich spreche Hochdeutsch, er Schwowisch, beide flechten wir rumänische Wörter ein. Dazu erläutert mir Walli das englische Fachvokabular zur Öko-Philosophie. Es geht schließlich um Sustainability, Nachhaltigkeit, man sollte “no mow in may” berücksichtigen, also im Mai nicht mähen.
Der Einsiedler wirkt gereift, gar altersweise. “Ich mecht ned geh vun dere Welt do” sagt er und das macht nachdenklich. In seinem Reich ist alles da, um glücklich zu sein, und man wünscht ihm, dass er darin noch unzählige schöne Tage erlebt.
Als ich am Ende Wallis selbstgebauten Motocultor, sein Fahrzeug zur Bodenbearbeitung ausprobieren darf, habe ich ganz viel Spaß daran und möchte gar nicht aufhören. Meine Spritztour auf dem ungewohnten Gefährt bringt die Kamera ganz schön ins Schwitzen. “Stopp! Bleib stehen!” ruft es aus dem Off. Doch weiterfahren möchte ich und noch schneller. Da schaltet Walli mir einen Gang zurück. “Da geht's ja “încet”, ich will repede….”, verlange ich in unserem deutsch-rumänischen Sprachmix . “Lasă cu repede!” ruft mir der Einsiedler zu. Da ist sie wieder, seine Philosophie, in einem Wort zusammengefasst: Entschleunigung. Wer braucht die nicht?!
Doch seht selbst…Film ab für das brandneue Gai-Video, Episode 4!
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